Schaedlingsvernichtung.de Icon
Schädlingsbekämpfung allgemein

Chemische Schädlingsbekämpfung: Wann ist sie sinnvoll und wann schadet sie?

Schaedlingsvernichtung.de Team
Verfasst von Schaedlingsvernichtung.de Team
Zuletzt aktualisiert: 31. Mai 2021
Lesedauer: 9 Minuten
Wer auf chemische Schädlingsbekämpfung setzt, sollte professionelle Hilfe in Betracht ziehen. © senkaya / istockphoto.com

Was beinhaltet die chemische Schädlingsbekämpfung?

Der Begriff „Chemische Schädlingsbekämpfung“ umfasst den Einsatz chemischer Substanzen – wie etwa Insektizide, Herbizide oder Fungizide – zur Bekämpfung von Schadorganismen: Pilzen und tierischen Organismen oder auch Unkraut. Durch die Chemikalien soll ihre Anzahl minimiert, also unter die Schadensschwelle gebracht werden.

Person in blauer Arbeitskleidung sprüht mit einem Pestizidgerät gegen eine blaue Wand. Sie trägt einen grünen Behälter auf dem Rücken und hält eine Sprühlanze, die auf dem Boden ausgerichtet ist.
Wer auf chemische Schädlingsbekämpfung setzt, sollte professionelle Hilfe in Betracht ziehen. © senkaya / istockphoto.com

Chemische Schädlingsbekämpfung gehört zu den effektivsten und populärsten Methoden, befallene Pflanzen – oder auch Räume – von den Schädlingen wieder zu befreien. Sie ist sinnvoll, wenn andere Methoden nicht helfen und nur dann, wenn gegen jede Schädlingsart ein spezifisches Mittel in vorgeschriebener Dosierung angewendet wird. Sowohl Unter- als auch Überdosierung, aber auch ein zu häufiger Einsatz können sich sehr negativ auf das Umfeld auswirken.

Die im Handel erhältlichen Präparate zeichnen sich durch schnelle und gezielte Wirkung aus, bringen aber auch Gefahren sowohl gesundheitlicher als auch ökologischer Art. Ein unbekümmerter Umgang oder eine unsachgemäße Anwendung können sowohl Resistenzen bei den Pflanzenschädlingen verursachen als auch das Absterben von Nützlingen nach sich ziehen. Schädlingsbekämpfung mit Chemie soll immer das letzte Mittel der Wahl sein: Greifen Sie zu Chemikalien nie willkürlich oder ohne vorherige Beratung!

Wann und wo wird chemische Schädlingsbekämpfung betrieben?

Chemikalien zur Schädlingsbekämpfung kommen zum Einsatz im Außen- und Innenbereich. Die Einsatzgebiete der chemischen Schädlingsbekämpfung hängen unmittelbar von den Schädlingsarten ab. Diese sind:

  • Materialschädlinge befallen Holz, Leder, Papier oder Textilien, darunter Holzwürmer, Kleidermotten oder Teppichkäfer.
  • Vorratsschädlinge machen die Lebensmittel ungenießbar. Dazu gehören Nagetiere oder Insekten.
  • Gesundheits– und Hygieneschädlinge übertragen Krankheitserreger oder rufen Allergien hervor, wie Flöhe, Wanzen oder Zecken.
  • Forst– oder Waldschädlinge beeinflussen negativ das Wachstum oder die Gesundheit des Baumbestandes. Darunter fallen etwa Borkenkäfer, Pilze oder Mäuse.
  • Lästlinge: die tierischen Organismen sind für den Menschen nicht gefährlich, aber störend. Dazu zählen Fliegen, Stechmücken oder Wespen.

Welche Mittel gegen welche Schädlinge?

Schädlingsbekämpfungsmittel wirken in der Regel ausschließlich gegen spezifische Organismen. Deswegen ist es enorm wichtig, den Schädling eindeutig zu identifizieren, um das richtige Präparat auszuwählen. Die Schädlingsbekämpfungsmittel werden im Allgemeinen als Pestizide bezeichnet und nach ihren Anwendungsbereichen in verschiedene Produktgruppen unterteilt, darunter:

  • Insektizide schützen vor Insekten
  • Molluskizide wirken gegen Schnecken
  • Akarizide setzt man gegen Milben ein
  • Rodentizide finden Anwendung gegen Mäuse und Ratten
  • Herbizide dienen der Bekämpfung von Unkraut
  • Fungizide helfen gegen Pilzkrankheiten
  • Nematizide werden zur Abtötung von Fadenwürmern angewendet

Der Unterschied zwischen Pestiziden, Bioziden und Biopestiziden

Der Begriff „Pestizide“ kommt aus dem Lateinischen: „Pestis“ bedeutet „Geißel‘“, „Seuche“ und „caedere“ – „töten“. Die Bezeichnung selbst kommt allerdings aus dem englischen Sprachgebrauch und steht als Sammelbegriff für chemische Substanzen:

  • Pflanzenschutzmittel: zum Schutz von Pflanzen gegen schädliche Organismen oder Unkraut, eingesetzt in der Landwirtschaft oder im Garten. Damit werden die lästig oder schädlich angesehenen Lebewesen getötet, vertrieben oder in Keimung, Wachstum oder Vermehrung gehemmt.
    und
  • Biozide: zum Schutz der Gesundheit des Menschen oder seiner Produkte, z. B. aus Stoff, Leder oder Holz. Dazu gehören Rattengift, Desinfektions- oder Holzschutzmittel.

Der Name Biopestizide bezeichnet die Öko-Variante der Pestizide und ist ein Sammelbegriff für Substanzen aus natürlichen Quellen, wie etwa Tieren, Pflanzen oder Mikroorganismen sowie Insektenviren. Der Anteil der Biopestizide am Weltmarkt der Schädlingsbekämpfungsmittel macht derzeit nur wenige Prozent aus. Der Grund liegt in hohen Produktionskosten, aber auch in der weniger radikalen Wirkung der Biopestizide.

Welche Vorteile gibt es durch chemische Schädlingsbekämpfung?

Der größte Vorteil bei der chemischen Schädlingsbekämpfung liegt sicherlich in ihrer hohen Wirksamkeit. Richtig eingesetzt, garantieren die meisten Präparate ein schnelles Absterben der Schädlinge. Doch gibt es noch weitere Vorteile? Vergleicht man mechanische, physikalische, biotechnische und biologische Schädlingsbekämpfungsmittel mit den Chemikalien miteinander, so glänzen die letzteren mit einem geringen Arbeitsaufwand. Alles in allem gleicht die chemische Schädlingsbekämpfung dem „fast trend“ – im Gegensatz zu „slow“ und nachhaltig.

Welche Nachteile hat die chemische Schädlingsbekämpfung?

Die chemische Schädlingsbekämpfung hat gerade bei unsachgemäßer oder regelmäßiger Anwendung viele Nachteile. Denn Chemiepräparate töten nicht nur die Schadorganismen, sondern häufig auch Nützlinge, wie etwa Bienen. Auch Menschen und Haustiere sind der gesundheitsschädlichen Wirkung ausgesetzt: Die chemischen Substanzen sind oft giftig, reizend und umweltschädlich. Bei Unterdosierung können die Schädlinge mit der Zeit resistent werden, was künftig den Einsatz von einer noch größeren Chemiekeule zur Folge hat. Der Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide beeinflusst auch negativ die Artenvielfalt. Laut dem Pestizid-Aktions-Netzwerk e. V (PAN) übersteigt die aktuelle Rate des weltweiten Artensterbens um das 100- bis 1000-fache. Zwischen 1970 und 2000 ging der Artenreichtum weltweit um insgesamt 40% zurück. Die chemischen Schädlingsbekämpfungsmittel reichen sich in Boden und Gewässern an und gelangen auf diesem Weg in die menschliche Nahrungskette.

Warum werden Schädlinge gegen Chemikalien zur Schädlingsbekämpfung resistent?

Mit den Schädlingen und ihrer Resistenz gegenüber chemischen Substanzen verhält es sich ähnlich wie mit Antibiotika in der Massentierhaltung. Beim Einsatz der Präparate wird ein Großteil der Schädlinge (oder der Bakterien) abgetötet, doch ein verschwindend geringer Prozent eben nicht. Dieses robustere Überbleibsel trägt in der Regel eine zufällige Mutation in sich, überlebt und vermehrt sich weiter. Viele Nachkommen der ersten Überlebenden vertragen das Gift besser und geben ihre Gene weiter, bis eine vollkommene Anpassung erreicht wird. Resistente Schädlinge entwickeln sich schneller, wenn die Schädlingsbekämpfungsmittel unterdosiert wurden.

Sind chemische Schädlingsbekämpfungsmittel gefährlich?

Die Antwort auf diese Frage hängt sehr von der Perspektive ab. Die Hersteller der Schädlingsbekämpfungsmittel betonen, dass sie die Wirkstoffe vor der Markteinführung international anerkannten Tests unterziehen müssen. Die Zusammensetzung der Präparate unterliegt auch weltweit anerkannten Anforderungen in Bezug auf Toxikologie, Stabilität, Wirksamkeit und Sicherheit. Auch hat die Forschung in diesem Bereich erhebliche Fortschritte gemacht. Bei sachgerechter Handhabung geht von den Mitteln, so die Meinung der Chemie-Industrie, kein Gesundheitsrisiko aus.

Auf der anderen Seite warnen Experten vor der Benutzung von Insektiziden: Ärzte schlagen Alarm, dass gerade der Einsatz von Pyrethroiden – Präparaten, die aus Chrysanthemen gewonnen werden – in Innenräumen gesundheitsschädlich sei. Umweltorganisationen machen chemisch-synthetische Pflanzenbehandlungsmittel für Wasserverschmutzung, Bienensterben, Bedrohungen der Artenvielfalt und Gesundheitsschäden bei Mensch und Tier verantwortlich.

 
Fakt ist: Die Dosis macht das Gift. Eine leichtfertige, willkürliche oder falsche Anwendung der Chemie birgt sicherlich Risiken und das sowohl für die Menschen, als auch für die Haustiere und die Umwelt.

Methoden der chemischen Schädlingsbekämpfung

Pestizide werden in der Regel in flüssiger Form im Spritz-, Sprüh- oder Nebelverfahren angewendet. Seltener kommen die Präparate als Stäubemittel, Granulat, Köder, Anstrich, Injektion oder Rauch zum Einsatz. Begasungen werden in Wohn- und Lagerräumen zur Desinfektion sowie als Vorratsschutz von Getreide und als Materialschutz vorgenommen. Die verschiedenen Ausbringungsverfahren werden je nach Form des Pflanzenschutzmittels angewandt.

  • Das Spritzverfahren wird vor allem bei Herbiziden eingesetzt. Die Mittel werden mit Wasser eingerührt, das als Trägermedium fungiert. Die Spritzbrühe wird unter Druck über Düsen ausgebracht.
  • Das Sprühverfahren findet Anwendung sowohl mittels Fertigsprays für den Haus- und Kleingartenbereich als auch mit speziellen Sprühgeräten in der Landwirtschaft. Die Brühe – eine Flüssigkeit aus Wasser und dem Schädlingsbekämpfungsmittel – wird von den Düsen zerstäubt und mit Gebläseluft auf die Zielfläche angebracht. Die Tropfen sind wesentlich kleiner als beim Spritzverfahren, was zur Ersparnis der Brühe führt, allerdings ist die Gefahr der Abdrift größer.
  • Das Nebelverfahren: Da die Abdriftgefahr sehr stark ist, ist die Methode nur in Unterglaskulturen üblich, also in Gewächshäusern (Hochglas) und Frühbeeten (Niederglas).
  • Das Stäubeverfahren wird bei fester bzw. pulverförmiger Ausbringung eingesetzt. Als Stäubemittel sind Pflanzenschutzmittelpulver und Gesteinsmehle bezeichnet, die gegen kriechendes Ungeziefer sowie gegen Wespen oder Hornisse angewendet werden.
  • Das Injektionsverfahren basiert auf der Strömungsfähigkeit des Pflanzensaftes und eignet sich zum Injizieren von systemischen Mitteln in Baumstämmen oder Wurzeln. Dort verbreiten sie sich im Gefäßnetz bis zu den Blättern und werden von den schädlichen Insekten oder Milben direkt aufgenommen, wodurch die Schädlinge sterben.

Ist moderne Schädlingsbekämpfung ohne Chemie möglich?

Genauso wie pro und contra der chemischen Schädlingsbekämpfung, so auch beim chemiefreien Pflanzenschutz liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Es gibt in der Tat zahlreiche natürliche Pflanzenschutzmittel wie etwa Brennnesseljauche oder Neemöl, die auf natürliche Weise mit unerwünschten Organismen fertig werden können. Damit lassen sich Blattläuse, Spinnmilben, Erdflöhe, Kohlweißlinge oder auch Schnecke bekämpfen. Darüber hinaus kann ein engagierter Gärtner auf vorbeugende Maßnahmen zurückgreifen, die einem Schädlingsbefall entgegenwirken. Dazu gehören resistente Pflanzensorten, eine gute Bodenvorbereitung sowie das richtige Düngen. Ist der Befall jedoch so massiv oder die Schädlinge so robust, dass ökologische Präparate der Seuche nicht Herr werden, ist die chemische Schädlingsbekämpfung oft das letzte Mittel.

Fazit

Wie in jedem anderen Bereich, so auch beim Pflanzenschutz sind die ökologischen Methoden den chemischen vorzuziehen. Wenn sie allerdings nicht greifen und die gewünschte Wirkung schnell nachlässt, bleiben Pestizide ein wirksames Mittel im Kampf gegen Insekten, Pilze oder Unkraut. Das Prinzip „viel hilft viel“ ist allerdings fehl am Platz. Wer auf chemische Schädlingsbekämpfung setzt, sollte eine professionelle Hilfe in Betracht ziehen. Die Experten erkennen die Schädlinge und gehen mit gezielten Maßnahmen und der richtigen Dosierung dagegen vor.

Über unsere*n Autor*in
Schaedlingsvernichtung.de Team
Schaedlingsvernichtung.de ist das Branchenverzeichnis für Schädlingsbekämpfer und Kammerjäger. Die Redaktion von Schaedlingsvernichtung.de erstellt regelmäßig Ratgeber und gibt Tipps bei allen Arten von Schädlingen im Haus und Garten.